Donnerstag, 23. September 2010

Erfolgsmeldung

Also, die Erfolgsmeldung des Tages ist, dass die Spielfassung, die die Regisseurin Ingrid Gündisch und ich geschrieben haben, endlich fertig ist! Es ist die 15. Version - und wird mit Sicherheit nicht die letzte bleiben, da sich erfahrungsgemäss auf den Proben immer noch viel ändert. Gestern also habe ich im Schweisse meines Angesichts 20 Exemplare in unsere Bibliothek gebunden und verteilt - so viele Menschen sind es, die von berufswegen das Textbuch brauchen: die Hälfte Schauspieler, die andere Hälfte dienstbare Geister wie Assistenten aller Art, Inspizientin usw. Unsere Schauspieler haben ja gerade die ersten Premieren ("Tartuffe" und "Kaspar Häuser Meer") hinter sich, und bevor wir mit den Proben zur "Schneekönigin" beginnen, haben alle noch eine weitere Premiere, mit "Gruppe Junger Hund" bzw. dem Liederabend "Sehnsucht ist unheilbar". Bald gibt's dazu noch Wiederaufnahmen - "Der goldene Drache", "Andorra", "Woyzeck", "Welche Droge passt zu mir", "Co-Starring", - und alles will geprobt, im Kopf behalten und gespielt werden!


Und falls Sie sich jetzt immer noch fragen, wann die denn den Text lernen: jedenfalls nicht ein halbes Jahr vorher, so wie die Opernsänger, die wesentlich länger zum Erlernen einer Partie brauchen als Schauspieler, die den Text meist während der Probenzeit lernen. Und dafür ist eine Souffleuse bei den Proben hilfreich (noch ein dienstbarer Geist)! Sie ist in den Proben ständig zu hören und in den Vorstellungen kaum - aber ihre Anwesenheit ist ein psychologisch wichtiger Faktor. Und sie ist es auch, die die Textänderungen während der Proben "verwaltet" und dokumentiert. Ich kann jetzt also die Datei mit der 15. Fassung an Monique Saulnier, unsere Märchensouffleuse, abgeben und bekomme dann nach der Premiere die allerletzte, endgültige Endfassung zurück. Herrlich!


An der Fassung haben wir ungelogen seit Mai gearbeitet. Natürlich nicht jeden Tag 8 Stunden, geht ja gar nicht, aber schon recht ausdauernd. Viele Andersen-Märchen zur Recherche gelesen, viel besprochen, welche Szenen welche Information tragen sollen usw. Und das Verrückte ist, dass es bis zum Schluss Spass gemacht hat, nicht langweilig wurde und sich auch immer noch wichtige Veränderungen ergeben haben. Die letzte betraf den Schluss des Stücks, an dem wir ziemlich lange herumgedocktert haben. Unsere letzte kritische Leserin war Karin Gündisch, die nicht nur die Mutter unserer Regisseurin, sondern auch eine bekannte Kinderbuchautorin ist, die uns noch einmal entscheidende Hinweise geliefert hat.


Demnächst gibt es hier sicher mindestens einen Ausschnitt zu lesen, und bald stelle ich dann auch endlich die Schauspieler vor.

Dienstag, 14. September 2010

Werkstätten im Schneekönigin-Fieber

Elisa versorgt mich weiterhin mit Fotos aus den Werkstätten, die derzeit alle Hände voll zu tun haben mit dem Bühnenbild der "Schneekönigin".


Und hier noch eine Preisfrage: Was ist das?


Ganz klar: Das ist ein Stück vom Palast der Schneekönigin. Noch nackt und unbemalt lehnt dieses Teil in der Schreinerei und wartet darauf, im Malsaal bemalt zu werden.


Man sieht an diesem Bild übrigens eine theatertypische Arbeitsweise in der Schreinerei: Lattenrahmen mit Sperrholz, das dann bemalt wird. Bei uns kommt es nicht zuletzt auch darauf an, dass die Teile der Bühnenbilder nicht zu schwer werden und für die Techniker, die sie tagein, tagaus auf- und abbauen müssen, handhabbar sind. Das meiste im Theater wird von Hand auf- und abgebaut. Früher wurde statt Sperrholz oft Leinwand verwendet (was noch leichter ist), aber in letzter Zeit arbeitet man doch lieber mit Sperrholz, das stabiler, akustisch günstiger und vielleicht auch robuster ist.


Der Malsaal scheint überhaupt Tag und Nacht mit der Schneekönigin beschäftigt zu sein, wie man nicht zuletzt auch an diesem putzigen Häuschen sieht. Das ist das Haus der Lappin, die Gerda den letzten Teil des Weges weist.




Es befindet sich auf der Bühne relativ weit hinten, wodurch sich so eine perspektivische Verzerrung ergibt, die den Eindruck von "endloser Weite" erzeugen wird.

Freitag, 10. September 2010

Originalmärchen in Prosa

Eben habe ich das Originalmärchen von Andersen, auf dem unsere Fassung basiert, als Link auf diese Seite gestellt (links). Die Lektüre lohnt sich, besonders zum laut vorlesen ist es geeignet. Da es sieben Geschichten sind, in denen das Märchen erzählt ist, kann man sich damit schön eine Woche beschäftigen.


Andersen war übrigens einer der ersten, der ein gewisses Element der "Mündlichkeit" in seine Texte brachte. Der Anfang der "Schneekönigin" lautet: "Gut, fangen wir an!" Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie Andersen den Leser direkt in die Geschichte hineinzieht. Übrigens war diese Mündlichkeit durchaus planvoll: Aus der Editionsgeschichte seiner Werke gibt es Beispiele, an denen man sehen kann, wie Andersen in den verschiedenen Fassungen eines Märchens immer "mündlicher" wird. Angeblich hat er seine Märchen auch immer erst erzählt und dann aufgeschrieben. Und als sie aufgeschrieben waren, hat er sie vorgelesen und weiterhin verändert.


Sehr lustig übrigens finde ich, dass Andersen sich mit seiner Vorleserei in Gesellschaft offenbar oft geradezu aufgedrängt hat. Es gibt Briefschreiber, die augenrollend sinngemäss berichten: "Gestern war Andersen da und hat sein neues Märchen vorgelesen. Es wollte und wollte nicht enden." Ob damit die "Schneekönigin" gemeint war? Es ist eines seiner längsten...


Was allerdings für den Dichter einnimmt, ist sein Stil: Die meisten seiner Märchen sind recht melancholisch und dennoch mit feinem Humor ausgestattet. Zum Beispeil ist es doch wirklich zum Schmunzeln, dass die Schneekönigin "die ganze Welt und ein paar Schlittschuhe" verspricht, wenn Kai das Rätsel löst. Wir habe in der Fassung übrigens sehr viel Originaltext (oder fast-Originaltext) von Andersen verwendet, weil uns dieser "Sound" so gefiel. Auch hier ein "übrigens": Die "Schneekönigin" ist eines der wenigen Märchen von Andersen mit einem Happy End für die Menschen. Meist ist den Menschen kein Happy End beschieden - nur die Tiere und Pflanzen werden bei Andersen glücklich.


Die Fassung übrigens - meine derzeitige persönliche Mission in dieser Produktion - hat ihre 11. Version erreicht und ist immer noch verbesserungswürdig. Das heisst, sie ist noch nicht ganz fertig, aber fast. Dazu demnächst mehr. Bis dahin vergnüge man sich mit dem grossen Dichter Andersen.

Mittwoch, 8. September 2010

Wie man eine Tapete macht

Heute erreichten mich die ersten Fotos aus den Werkstätten. Meine Reporterin für allfällige Nachrichten aus der wunderbaren Welt der Theaterwerkstätten ist Elisa Alessi, unsere Ausstattungsassistentin, die diese ganz wunderbaren Fotos gemacht hat. Elisa ist die engste Mitarbeiterin der Bühnenbildnerin und sozusagen ein kommunikatives Bindeglied zwischen der "Kunst" und den Werkstätten. Sie betreut immer mehrere Stücke gleichzeitig, die "Schneekönigin" ist also längst nicht ihre einzige Aufgabe derzeit. Man sieht auf ihren Fotos, wie die Kollegen vom Malsaal gerade die Rosentapete aus dem ersten Bild (Dachboden) herstellen. Rosen spielen in dem Stück ja eine gewisse Rolle, und so wird dieses Motiv gleich am Anfang eingeführt.








Die Tapete wird mittels einer Schablone hergestellt. Elisa hat mir erklärt, wie das funktioniert: Die Schablone ist ein Textil, das auf einen Lattenrahmen gespannt ist, und dort, wo später Farbe sichtbar sein wird, sind Löcher. Die verschiedenen Farben (Rosen sind ja mindestens rot-grün) werden also in mehreren Durchgängen durch die Schablone aufgebracht, wobei der jeweils andersfarbige Teil natürlich immer abgedeckt werden muss. Und wenn man das einmal gemacht hat, rückt man die Schablone weiter, passgenau an das bereits bestehende Stück, und fängt beim nächsten Teil von vorne an. Nicht nur das Malen ist also Aufgabe unseres Malsaals, sondern auch die Herstellung der dazu notwendigen Utensilien, die Schablone ist also made in Malsaal.






Es gibt im Stück übrigens noch eine zweite Tapete – im Schloss bei Prinz und Prinzessin – die viel mehr Fläche einnimmt als dieser Streifen „übriggebliebener“ Rosentapete auf dem Dachboden (man sieht auf den Vorlagen ungefähr, wie es sein soll).






Diese Vorlage für die königlichen Schlosstapeten war Gegenstand regen Austausches zwischen Helke und Elisa während der Theaterferien. Sicher wird diese Tapete den Malsaal eine ganze Weile länger beschäftigen als jetzt die Rosen, und davon gibt es bestimmt später mehr zu berichten und zu zeigen

Montag, 6. September 2010

Leading Ladies

Heute stelle ich Ihnen wie versprochen die beiden „leading ladies“ unserer „Schneekönigin“ vor.


Ingrid Gündisch
Das ist zum einen die Regisseurin Ingrid Gündisch, die vor kurzem mit ihrem Mann von Nürnberg nach Hamburg gezogen ist. Sie stammt ursprünglich aus Rumänien, was man eventuell daran merkt, dass sie mit einem herrrlichen rrrollenden „r“ spricht. Als Kind ist sie mit ihrer Familie nach Deutschland ausgereist und in der Nähe von Freiburg aufgewachsen. Als Schülerin liebäugelte sie lange mit einem Studium der Bildenden Kunst oder wäre fast Ärztin geworden, hat sich dann aber doch fürs Theater entschieden. Sie hat Regie an einer der renommiertesten Schauspielschulen studiert, an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ im ehemaligen Ost-Berlin. Im Anschluss an ihr Studium war sie als Regieassistentin am Berliner Ensemble und am Schauspiel Köln engagiert, wo sie auch ihre ersten eigenen Inszenierungen auf die Bühne brachte. Seitdem hat sie an allen möglichen Theatern gearbeitet und so ziemlich alles inszeniert, was der Spielplan hergibt: Klassiker, Jugendstücke, Uraufführungen. Ein Weihnachtsmärchen fehlte noch. Das hat sie letztes Jahr in Stuttgart inszeniert: „Aladins Wunderlampe“, in einer absolut zauberhaften Inszenierung, die u.a. mit einem Ring-Geist bestach, der von schauspielernden Zwillingsschwestern verkörpert wurde, die den Kindern ganz schön den Kopf verdreht haben, so blitzschnell konnte der Geist auf der einen Bühnenseite verschwinden und auf der anderen wieder auftauchen! In dieser Spielzeit bringt sie erst bei uns die „Schneekönigin“ heraus und reist dann gleich weiter ins nächste Märchenland: zum „Zauberer von Oz“ nach Schwaben.


Helke Hasse
Helke Hasse stammt aus Thüringen und lebt derzeit in Thüringens wunderschöner Hauptstadt, in Erfurt. (Für alle, die nicht so genau wissen, wo Thüringen eigentlich ist: Das ist das Bundesland im Südwesten der ehemaligen DDR. Es liegt zwischen Sachsen-Anhalt, Sachsen, Tschechien und Bayern. Thüringen ist u.a. bekannt für seine leckeren Bratwürste, den Thüringer Wald, ein Mittelgebirge, und eine Reihe wie an der Perlenschnur aufgereihter kulturell bedeutsamer Städtchen, die allesamt sehenswert sind, die bekanntesten sind Weimar, Jena und Eisenach.) Sie hat Bühnen- und Kostümbild in Dresden studiert und war nach dem Studium ebenfalls als Assistentin im Ausstattungsbereich beim Schauspiel Köln engagiert, bevor sie als freie Bühnen- und Kostümbildnerin zu arbeiten begann. In Köln, wo beide als Assistentinnen engagiert waren, lernten sich unsere Regisseurin und sie kennen, und Ingrids erste Arbeit war auch Helkes erste: Fassbinders „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“. Danach folgten noch zwei weitere gemeinsame Arbeiten, und nun wird die "Schneekönigin" ihre vierte gemeinsame Tat, für die sie nicht nur das Bühnenbild, sondern auch die Kostüme entworfen hat. An Zeichnungen für die Figurinen sitzt sie schon seit einer Weile, ich zitiere aus einer Mail vom 27. Juli, geschrieben mitten in den Theaterferien während der grossen Hitzwelle: „Und jetzt bin ich wieder in Erfurt, habe den Ventilator auf Stufe 3 gestellt und versuche mit den Kostümentwürfen für die Schneekönigin voranzukommen. Ich habe mir jetzt auch noch den Märchenfilm (UdSSR 1966) zugelegt, den ich vielleicht heute noch gucken werde. Ist bestimmt erfrischend bei der Hitze.“


Ich selber war letzte Woche zwei Tage in Hamburg und habe mit Ingrid an der Fassung gearbeitet. Hingefahren bin ich mit dem Gedanken, dass doch eigentlich gar nicht mehr so viel daran zu tun sein, aber wir haben dann doch zwei volle Tage mit dem Stück verbracht, noch viel geändert, einige Unklarheiten beseitigt und auch noch ganz neue Ideen gehabt! Es gibt immer wieder was zu entdecken! Dazu demnächst mehr.


In Hamburg erreichten uns per Mail (wie haben wir das nur früher gemacht??) Helkes erste Kostümzeichnungen, die ganz herrlich sind. Nach der Kostümabgabe Mitte September können Sie sicher die eine oder andere Figurine hier bewundern.


Doch für heute war’s das. Wieder viel zu lang. Ich übe noch!